Von Ines Sommer
Stralsund. Das trifft Schüler, Eltern und Lehrer hart: Die Sanierung der Gagarin-Schule in Knieper Nord ist ins Stocken geraten, denn das Bauprojekt wird viel teurer als geplant. 6,5 Millionen sollte das Ganze kosten, die Ausschreibungen ergaben ein Bauvolumen von über 8 Millionen Euro. Folge des unerfreulichen Prozederes: Die 400 Grundschüler müssen mindestens ein halbes Jahr länger im Provisorium „Herder“ bleiben. Damit ist der für den Sommer 2021 geplante Umzug der Erst- bis Vierklässler zurück in die „Gagarin“ hinfällig. Neues Datum: Mitte 2022.
„Das ist natürlich keine gute Nachricht. Als die Entkernung in der alten Schule lief, hatten wir uns schon so gefreut, dass alles gut vorankommt“, sagt Marco Neltner, Vorsitzender des Elternrates in der Juri-Gagarin-Schule und Vater einer Viertklässlerin. Und auch Rocco Pantermöller spricht von einer traurigen Nachricht: „Die Kinder, aber auch wir Eltern haben uns schon so auf die neue Schule gefreut“, sagt der 43-Jährige, der gerade einen Erstklässler nach Knieper West gebracht hat.
Nach den Abriss- und Entkernungsarbeiten, die noch planmäßig liefen, war der Baustart für Anfang 2020 vorgesehen. Doch der verzögert sich bis Januar 2021. „Die Angebote auf die Ausschreibungen für die Bauaufträge waren teilweise doppelt so hoch, wie vorher kalkuliert“, so Rathaussprecher Peter Koslik. Was nun? Die Sanierung abblasen? „Das kam für mich nicht in Frage. Es war unsere wichtigste Aufgabe, die noch fehlenden Beträge über verschiedene Fördermittel zu organisieren. Das ist gelungen“, ist Oberbürgermeister Alexander Badrow (CDU) zwar erleichtert, ärgert sich aber über den Zeitverzug. „Aktuell laufen die erneuten Ausschreibungen, nur so konnten wir die Gesamtfinanzierungen absichern“, sagt das Stadtoberhaupt.
Bittere Wahrheit: Das Ziel, die Juri-Gagarin-Grundschule bereits im Sommer 2021 neu zu eröffnen, kann unter diesen Umständen nicht gehalten werden. „Stattdessen erfolgt die Fertigstellung aller Baumaßnahmen im Laufe des Jahres 2022“, heißt es aus dem Rathaus. Mit anderen Worten: Schüler, Eltern und Lehrer der „Juri“ müssen sich darauf einstellen, dass sie wohl bis zu den Sommerferien 2022 mit der Übergangslösung leben müssen. Und die befindet sich im alten Herder-Gymnasium In der Arnold-Zweig-Straße in Knieper West. Hier hatten zuvor schon die Schill-Schüler Unterricht, als ihre Schule in Grünhufe von Grund auf saniert wurde. Allerdings haben es die Juri-Schüler nicht ganz zu weit zum Provisorium, denn das liegt immerhin im Nachbarstadtteil.
„Das alte Herder-Gebäude ist nicht das schönste, das wissen wir alle. Man braucht nur mal die Fenster anzugucken. Aber: Die Stadt hat schon sehr viel in das Haus reingesteckt. Wir haben gerade erst bei den Toiletten ein Problem gelöst. Außerdem hat die Stadt einen neuen Zaun gebaut, damit kein Fremder mehr auf das Gelände kommt“, sieht Roman Neltner die „Ersatzschule“ auf gutem Weg. Mit Brandschutztüren, Rettungstreppe und weiteren Maßnahmen sind schon mehr als 300 000 Euro dort investiert worden.
Sowohl Roman Neltner als auch Rocco Pantermöller legen Wert auf die Feststellung, dass sich die Lehrer um Schulleiterin Anne-Kathrin Beer sehr große Mühe geben und ganz engagiert ans Werk gehen. „Die Kinder fühlen sich wohl dort. Und das ist die Hauptsache. Alle versuchen außerdem, die Räume so gut es geht, nett zu gestalten.“ Die Alternative wäre gewesen, die Kinder hätten bei vollem Unterricht die Sanierung in der Gagarin mitmachen müssen. Und das wollte den Lütten nun wirklich keiner zumuten.
Und das hat die neue „Juri Gagarin“ dann zu bieten: Das Kernschulgebäude, das großzügige Treppenhaus und die breiten Flure werden erhalten. Die dominierende Fassadenfarbe werde ein sandiges Beige mit gelben und orangefarbenen Akzenten, hieß es bei einem früheren Pressegespräch. Den Haupteingang wird verlegt von der Wallensteinstraße in die Vogelwiese. Eine neue Mensa und einen neuen Mehrzweckbereich soll es geben, der nicht nur zum Mittagessen, sondern auch für Stadtteilveranstaltungen zur Verfügung steht. Die Raumgestaltung werde auf vier Klassen pro Jahrgangsstufe angelegt. Vor der Schule soll es eine „Kiss-and-go-Zone“ geben, dort können die Eltern ihre Kinder in Ruhe verabschieden. Dadurch soll der allmorgendliche Verkehrs-Stau mit den „Eltern-Taxis“ aufgelöst werden.
Geplant ist neben der Schule ein Neubau für den ASB-Hort, aber auch eine Sporthalle gehört zum Ensemble. Die alte ist bereits 2019 abgerissen worden. Die neue sollte für 1,8 Millionen entstehen, mittlerweile liegen die Kosten hier bei 2,1 Millionen. Betrachtet man Schule und Neubau, sind Mehrkosten von knapp zwei Millionen Euro zu stemmen. Der Eigenanteil der Hansestadt wäre schlagartig von 2,8 auf 4,5 Millionen angestiegen. Eine Belastung, die der Stralsunder Haushalt nicht verkraften kann. Deshalb war es so wichtig, noch größere Förderspritzen an Land zu ziehen. Da dies gelungen ist, muss die Stadt jetzt „nur noch“ 3,1 Millionen auf den Tisch legen.
Quellenangabe: Stralsund vom 22.08.2020, Seite 10
Ostsee Zeitung vom 13.1.2020
Ostsee Zeitung 9./10. September 2017
Ostsee Zeitung vom 28.4.2017
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